Haben Sie sich für dieses Jahr vorgenommen besser und vor allem länger zu schlafen? Mit mehr Schlaf fühlen sie sich vermutlich gut gelaunt, erholter und haben mehr Energie für die Herausforderungen im täglichen Leben. Wenn das so ist, dann sind Sie in den Genuss eines erholsamen Schlafes gekommen und sind bestimmt zuversichtlich, dass 2022 das Jahr des guten Schlafes sein wird. Doch bald ist es wieder soweit - eines der grössten jährlichen Experimente der Welt findet statt. Die Uhren werden bei uns am letzten Wochenende im März, um 2 Uhr in der Nacht um eine Stunde vorgestellt, da wir auf Sommerzeit umstellen d.h. wir müssen früher aufstehen.
Die Sommerzeit wurde in den USA vor mehr als 100 Jahren eingeführt um Energie zu sparen (1. und 2. Weltkrieg und OPEC Öl-Embargo). Bei der Einführung der mitteleuropäischen Zeit Ende des 19. Jahrhunderts und auch bei der Einführung der Zeitumstellung in den Achtzigerjahren hat sich die Schweiz vor allem aus wirtschaftlichen Gründen für eine Zeitregelung entschieden, welche mit derjenigen der Nachbarstaaten harmoniert. Bei einer von den Nachbarstaaten abweichenden Regelung würde die Schweiz zu einer Zeitinsel und das hätte Konsequenzen in vielen Bereichen wie z.B. dem Transportwesen, Tourismus usw. In der heutigen Zeit kann man während der Sommerzeit abends in der Tat elektrisches Licht sparen, aber gleichzeitig wird in den kühleren Monaten morgens mehr geheizt und dadurch insgesamt sogar mehr Energie verbraucht.
Was macht die Zeitumstellung mit uns
Die Kombination aus Zeitumstellung und dem veränderten Licht kann zu einer Verschiebung des zirkadianen* Rhythmus (inneren Uhr) führen, welcher aus dem Gleichgewicht geraten kann. Die innere Uhr gibt unserem Körper vor, wann er schlafen und aufwachen soll und steuert auch viele andere biologische Körperfunktionen. Die Zeit die unsere Uhren anzeigen können wir uns als eine Art soziale Zeit vorstellen - Zeit in die Schule oder zur Arbeit zu gehen, aber auch Zeit um andere Aktivitäten wahrzunehmen, welche in unserem Leben zu einer Art fester Grösse geworden sind (Freunde, Sport usw.). Sonnenlicht ist unsere dritte Uhr mit grossem Einfluss und gewissermassen das stärkste Medikament. Viele haben eine innere Uhr die sich ein bisschen vom 24 Stunden Rhythmus unterscheidet, aber das Licht der Sonne bringt sie mit der 24-stündigen Rotation der Erde meist gut in Einklang (Tag-Nacht-Rhythmus).
Wenn wir auf die Sommerzeit umstellen, dann verschiebt sich unser sozialer Zeitplan im Verhältnis zu unserer inneren Uhr. Das Aufwachen um 6 Uhr kann sich wie das Aufwachen um 5 Uhr anfühlen. Wenn wir in der Normalzeit leben ist unser sozialer Zeitplan und die Sonnenzeit ziemlich gut aufeinander abgestimmt. Das bedeutet, dass die innere Uhr der meisten Menschen mit dem sozialen Zeitplan übereinstimmt. Eine deutsche Studie mit über 50’000 TeilnehmerInnen hat gezeigt, dass sich die innere Uhr der Menschen nicht optimal an die Umstellung auf die Sommerzeit anpasst. Dies führt während der gesamten Sommerzeit zu einem Schlafverlust von ca. 30 Minuten pro Nacht. D.h. die Menschen stehen somit früher auf, bleiben aber auch länger auf, weil es draussen noch hell ist.
Nicht alle Menschen sind von der Umstellung auf die Sommerzeit in gleicher Weise betroffen. Einige fühlen sich vielleicht nur leicht erschöpft, müde, gereizt, schläfrig, angeschlagen oder bemerken Konzentrationsschwierigkeiten in der Schule oder bei der Arbeit. Es gibt aber auch Menschen bei denen die negativen Folgen der Zeitumstellung schwerwiegender sind wie z.B. das erhöhte Risiko von Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen, Schlafanfall, Herzinfarkt, Unfall, Selbstmord usw. Es gibt sogar Studien, welche festgestellt haben, dass die Aktienmärkte am Montag nach der Zeitumstellung mehr schwanken, was möglicherweise auf den Schlafmangel der Broker zurückzuführen ist. Aber auch Menschen mit einem bestimmten Chronotyp können von der Zeitumstellung stärker betroffen sein - eine Studie ergab, das Menschen die am Abend am produktivsten sind, nach der Zeitumstellung einen deutlich unruhigeren Schlaf haben.
Vorteile der Normalzeit (Winterzeit)
Maximiert das Sonnenlicht in den Wintermonaten, in denen wir dauerhaftes Licht benötigen um wach, aufmerksam und leistungsfähig zu sein.
Minimiert das Sonnenlicht an den späten Sommerabenden, da viel Licht am Abend dazu verleitet später ins Bett zu gehen oder sogar zu Einschlafstörungen führen kann.
Die Normalzeit entspricht unserem natürlichen biologischen Rhythmus.
Viele Beschäftigte, aber auch viele SchülerInnen müssen früh aufstehen und haben aufgrund der Sommerzeit chronischen Schlafmangel oder es kommt zu einer Verschiebung des zirkadianen Rhythmus. Chronischer Schlafmangel und/oder die Verschiebung des zirkadianen Rhythmus macht uns anfälliger für eine ganze Reihe von gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Laufe unseres Lebens wie z.B. Depression, Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Alzheimer-Krankheit und ADHS.
Ein paar Tipps zur Zeitumstellung
Versuchen Sie ausreichend Schlaf zu bekommen und einen regelmässigen Schlafrhythmus einzuhalten. Schlafmangel und ein unregelmässiger Schlafrhythmus verzögert eine gute Umstellung.
In den Nächten vor der Zeitumstellung können Sie versuchen die Schlaf- und Wachzeiten in 10-15 Minuten-Schritten nach vorne verlagern d.h. 10-15 Minuten früher ins Bett gehen und 10-15 Minuten früher aufstehen. So kompensieren sie den Verlust der einen Stunde.
Versuchen Sie Ihre Aktivitäten am Tag etwas früher zu beginnen - dies hilft der inneren Uhr sich umzustellen.
Stellen Sie vor der Zeitumstellung ihre Uhr um eine Stunde vor und gehen sie zur gewohnten Zeit ins Bett. Für alle mit einer Smartwatch und/oder Smartphone ist dies schwer umsetzbar, da die Zeit automatisch synchronisiert wird.
Am Morgen nach der Zeitumstellung sollten Sie an die frische Luft um Licht zu tanken. Nutzen Sie den Tag für einen morgendlichen Spaziergang, eine angenehme Wanderung oder andere Aktivitäten.
Am Abend nach der Zeitumstellung sollten sie zur gewohnten Zeit ins Bett.
So merken Sie sich wie Ihre Uhr umgestellt wird
Die Zeitumstellung verhält sich wie die Temperaturen: Im Sommer im Plus und im Winter im Minus. Im Frühling wird also vorgestellt (plus), im Herbst zurück (minus).
Immer in Richtung Sommer - also im Frühling vor, im Herbst zurück.
Oder wer es auf Englisch mag: Spring forward, fall back.
Könnte sich in Zukunft etwas ändern?
Politische Diskussionen werden aktuell in den USA geführt. Das Europaparlament hat sich für die Abschaffung der Zeitumstellung entschieden, benötigt aber noch die Zustimmung vom Rat der Mitgliedsländer. Aus schlafmedizinischer Sicht hoffe ich auf die Abschaffung der Sommerzeit.
*Herkunft des Wortes „zirkadian“
Aus dem lateinischen circa „ungefähr“ und dies „Tag“. Also ungefähr einen Tag.